Die Erzeugung und Nachfrage in einem Stromnetz mit einem zunehmenden Anteil an erneuerbaren Energien wird ohne große Speicher und Reservekapazitäten kaum in Einklang zu bringen sein. Die Möglichkeit, die Flotte an Elektrofahrzeugen sowohl als Stromsenke in Zeiten von Überproduktion zu nutzen, als auch zu Zeiten einer zu geringen Produktion Energie aus den Fahrzeugen wieder zur Netzstabilisierung zu entnehmen, wurde ja schon angesprochen. Die Frage ist allerdings: Was sollte die Fahrzeugbesitzer dazu bewegen, ihren Akku für die Gemeinschaft netzdienlich zu verschleißen, auch wenn dieser Verschleiß sehr gering wäre[1]? Um Angebot und Nachfrage zu regeln, bedient man sich in einer Marktwirtschaft üblicherweise des Preises. Erstaunlicherweise zahlt der Verbraucher dem Stromanbieter immer das gleiche, egal, ob er gerade Strom bezieht, wenn er knapp ist, oder wenn massive Überschüsse vorhanden sind. Man kann diese Schwankungen des Angebots und der Nachfrage sehr schön an den Spotpreisen der Strombörse ablesen[2], die täglich aktuell über jede Stunde des Tages Auskunft über die vorhandene Strommenge und damit des damit verbundenen Preises liefern. Mit einem relativ einfachen Trick könnte man ein bundesweites Energiemanagement implementieren: Man legt auf die Stromleitung ein Signal, dass dem Gerät am Ende der Leitung (z.B. einer Waschmaschine oder einem Elektroauto-Ladegerät) den aktuellen Strompreis mitteilt. Wenn man dann als Konsument seiner Waschmaschine einen Höchststrompreis vorgibt wie z.B. 10 Cent je kWh, so „wartet“ die Waschmaschine mit dem Start, bis die Stromüberproduktion ein Niveau erreicht hat, das den Preis auf unter 10 Cent fallen lässt. Mit zunehmender Stromüberproduktion wird der Strompreis naturgemäß immer niedriger und immer mehr Geräte werden auf diese Art zugeschaltet, bis sich, ähnlich wie an der Börse, ein bestimmtes Preisniveau eingependelt hat. Autos mit einem großen Speicher werden also aus ökonomischen Gesichtspunkten zu Zeiten der Überproduktion geladen werden. Wenn allerdings der Strombedarf größer wird als die Stromproduktion, werden die Autobesitzer ihren Fahrzeugen ab einem bestimmten Preis je kWh „erlauben“, wieder einen Teil der Energiemenge ihres Akkus in das Netz abzugeben. Sie tun dies aus rein wirtschaftlichen Betrachtungen. Ein moderner Akku in einem Elektrofahrzeug kann innerhalb von ca. 8-10 Jahren mehr als 2000 Mal geladen werden. Bei einer Reichweite von ca. 500 km dieser Autos ergibt dies eine mögliche Fahrleistung von 500 km mal 2000, also theoretisch ca. eine Million km. Die Hälfte davon, also eine halbe Million km, hat ein Tesla Model X in den USA bereits zurückgelegt und die Batterie hat noch mehr als 90% ihrer initialen Kapazität[3]. Da kaum ein Autobesitzer innerhalb der Lebensdauer seines Fahrzeug-Akkus solch große Strecken zurücklegen wird, kann er sich also netzdienlich verhalten, ohne dafür mit vorzeitigem Verschleiß seines Akkus rechnen zu müssen, und er kann gleichzeitig noch etwas durch den Stromverkauf in stromknappen Zeiten verdienen. Das geht natürlich nicht, wenn man auf dem Weg in den Urlaub ist. Ist man tagsüber bei der Arbeit und das Fahrzeug ist am Firmenparkplatz, oder nachts in der Garage, oder auf dem Parkplatz an ein bidirektionales Ladegerät angeschlossen, wäre das problemlos möglich, da ein durchschnittliches Auto zu mehr als 90% seiner Zeit ungenutzt still steht.
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[1] Lithium Ionen Akkus verschleißen in einem SOC Bereich zwischen 50-75% sehr wenig, und das ist der Hub, der für die Netzstabilisierung bevorzugt genutzt werden würde
[2] https://www.eex.com/de/marktdaten/strom/spotmarkt/auktion#!/
[3] https://ecomento.de/2018/07/24/643-738-kilometer-in-teslas-elektroauto-limousine-model-s/